"Bedenke, je lebendiger und schöner sie ist, umso größer wird dein Ruhm in späteren Zeiten" textete der Hofdichter Bernado Bellincioni 1492 recht kurz vor seinem Tod in einem virtuellen Dialog des Dichters mit der Natur .
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Bernado und Leonardo, die sich zu jener Zeit beide am Mailänder Hof des Ludovico Sforza - genannt Il Moro - aufhielten, gut kannten. Gemeinsam trugen Sie Ihre Ideen und Werke zu den Feierlichkeiten am Hofe bei, diskutierten wahrscheinlich über die Angelegenheiten Ihrer Zeit und - nicht zuletzt - tauschten sich über die Inhalte Ihrer Auftragsarbeiten aus. Der eine als Poet mit dem "natürlichen" Hang bzw. Zwang, seinen Mailänder Auftraggeber in den höchsten Tönen zu lobpreisen, der andere - scheinbar rastlos von einem Projekt zum anderen übergehend - mit dem Anspruch, die Malerei als vornehmste und schöpferische Kunst gegenüber allen anderen Künsten herauszustellen, denn sie allein kann die Natur fast vollständig "wiedergeben" - um nicht zu sagen - spiegeln.
Dass Leonardo - bei aller Kreativität, auch der Schalk im Nacken saß und er Vergnügen daran fand, andere zu schockieren, zu belustigen und eben auch zu unterhalten, ist überliefert. Seine zahlreichen Aphorismen, die er gerne bei Hofe zum Besten gab, sind ein guter Beleg dafür.
Gemalt hat Leonardo da Vinci den im Gedicht erwähnten Stern der Natur, eine der damaligen Mätressen des Fürsten Sforza, die besagte Cecilia Gallerani, die das Bildnis bis zu ihrem Tode in ihrem Besitz behielt. Sie muss zu dem Zeitpunkt der Portraiterstellung um 1492 etwa 16 oder 17 Jahre alt gewesen sein. Und was als relativ wahrscheinlich gilt: sie war schwanger.
Über diese Behauptung wird in der Literatur vielfach gemutmaßt, zumal das Hermelin in jener Zeit als Schutztier der Schwangeren galt. Auch die Möglichkeit einer verspielten Andeutung in dem Bild, dass mit dem Hermelin Ludovico Sforza selbst auf den Arm genommen wurde. Letzterer habe schließlich das Hermelin in einem seiner Embleme verwendet. Mittlerweile gibt es umfassende Studien zur allegorischen Verwendung dieser Tiergattung in der Renaissance.
Leonardos eigener Anspruch geht hingegen über den allegorischen Charakter in der "primären" Bilddarstellung weit hinaus: "Jene Figur, deren Haltung die Leidenschaft am besten ausdrückt, von der sie beseelt wird, ist besonders lobenswert."
Die Sitten bei Hofe sind nach Ansicht einiger Historiker allerdings durchaus als haltlos zu bezeichnen: So hat sich Ludovico Sforza eine Zeitlang "mit Galeazzo Maria, seinem sittenlosen Bruder, die schöne Lucia Marliani geteilt, der er dann auch ein Kind gemacht hat. Es ist bekannt, dass er Beziehungen aller Art unterhält. Zu Anfang der achtziger Jahre ist seine Favoritin jene Cecilia Gallerani ('ein junges Mailänder Mädchen von vornehmem Blut', schreibt er, so ehrenhaft, wie wir das nur wünschen mögen'), um deren Porträt er Leonardo bittet."
Auch wenn diese Datierung Bramley's (dem Autor der obigen Zeilen) um ein ganzes Jahrzehnt daneben liegt,gibt der Text selbst zumindest einen Einblick in die höfische Moral. Es ist durchaus vorstellbar, dass Leonardo da Vinci nicht unbedingt immer einer Meinung mit seinen Auftraggebern war - und entsprechend die eine oder andere Gelegenheit nutzte, um eben diesen einen kleinen Streich zu spielen.