Mit Prosopagnosie bezeichnet man die Unfähigkeit, Gesichter erkennen zu können. Die Gesichtserkennung ist naturgemäß eine elementare, menschliche Fähigkeit, die uns zum Beispiel hilft, Freund und Feind voneinander zu unterscheiden. In der Evolution des Menschen hat sich diese Fähigkeit tief in die bewußten und unbewußten Strukturen unserer Gehirne "eingegraben".
Deshalb sind wir ohne weiteres in der Lage, in nahezu beliebigen Strukturen wie zum Beispiel Wolken schon nach kurzer Zeit "Gesichter" zu verorten, die sich insbesondere durch eine Koppelung von visuellen Elementen wie "Nase", "Mund" oder "Augen" auszeichnen. Überall dort, wo sich durch das Zusammenspiel von Licht und Schatten hellere und dunklere Bereiche im betrachteten Gegenstand abzeichnen, scheint unser Gehirn die Teilsegmente wie in einem Puzzle auf "sinnhafte" und bereits "bekannte" Zusammenhänge hin zu überprüfen. Dabei gehört die "Gesichtserkennung" unzweifelhaft zu den wichtigsten Überlebensmechanismen sozialer Gemeinschaften seit Urzeiten.
Leonardo da Vinci hat in seinen zahlreichen Skizzen zu den "grotesken Köpfen" mit diesem visuellen Mechanismus gespielt. Diese als Vorläufer der Karikaturen angesehenen Zeichnungen dienten vermutlich als Testumgebung oder vorbereitende Studien für spezielle Effekte, die er in seinen Werken einsetzte - so zum Beispiel in der bekannten Kampfszene mit Reitern in der "Schlacht von Anghiari". Es ist ebenfalls nicht unwahrscheinlich, dass sich in den Werkstätten der Renaissance ganze 'special effect- Teams' mit diesen Themen beschäftigten.